Qualitätsfaktoren in der Post-Entgeltregulierung (Nr. 361) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Qualitätsfaktoren in der Post-Entgeltregulierung (Nr. 361)

Qualitätsfaktoren in der Post-Entgeltregulierung

Zusammenfassung

In Deutschland reguliert die Bundesnetzagentur die Preise für einzelne Briefsendungen der Deutsche Post AG mittels eines Price-Cap-Verfahrens. Preise bzw. Kosten und Qualität von Briefsendungen bedingen sich dabei grundsätzlich gegenseitig. Einige EU-Mitgliedstaaten, z. B. Großbritannien oder Portugal, beziehen daher in ihrer Preisregulierung Qualitätsfaktoren ein. Das deutsche Price-Cap-Verfahren berücksichtigt Qualitätsaspekte bisher nicht explizit. Dieser Diskussionsbeitrag stellt die Frage, ob und inwieweit Qualität in Price-Cap-Verfahren berücksichtigt werden sollte. Er wertet Erfahrungen europäischer Regulierer mit Qualitätsfaktoren aus und leitet Empfehlungen für die Berücksichtigung von Qualität bei der Preisregulierung in Deutschland ab.

Die internationalen Erfahrungen zeigen, dass mit der Einführung eines Qualitätsfaktors unterschiedliche Ziele verfolgt werden, z. B. die Schaffung eines Anreizes zu Qualitätssteigerungen, die Sicherung des bestehenden Qualitätsniveaus, die Vermeidung von Kosten- bzw. Qualitätsreduzierungen zugunsten der Gewinnmarge oder Qualitätskontrolle im Allgemeinen. Die Faktoren werden unterschiedlich umgesetzt: Qualitätsfaktoren können sowohl als Bonus ausgestaltet werden (z. B. in Belgien), der die Erreichung oder Übererfüllung von Zielvorgaben belohnt, als auch als Malus (z. B. in Portugal), der die Nichterreichung der Qualitätsstandards bestraft. Die Qualitätsfaktoren in der Preisregulierung haben unterschiedliche Rechtsgrundlagen: Gesetze bzw. Managementverträge (Belgien), ministerielle Verordnungen (Italien), Vereinbarungen zwischen Regulierer und Incumbent (Portugal) oder Bedingungen in der Lizenz des Incumbent (Großbritannien). Die Laufzeit der regulierten Sendungen ist in allen untersuchten Ländern der wichtigste, und oft einzige, Indikator. In einigen ausländischen Beispielen steht jedoch der Mess-, Kontroll- und Berechnungsaufwand der Indikatoren in keinem Verhältnis zur sehr begrenzten Wirkung des Qualitätsfaktors innerhalb der Price-Cap-Formel.

Für Deutschland raten wir von der Aufnahme eines Qualitätsfaktors in die Price-Cap-Formel ab. Während in den betrachteten Ländern die Qualitätssteigerung die Hauptmotivation für die Einführung von Qualitätsfaktoren war, ist Qualitätssteigerung per se in Deutschland kein Regulierungsziel. Vielmehr dient die Qualitätsbetrachtung hier dazu, zu verhindern, dass Kosteneinsparungen zu Lasten der Qualität vorgenommen werden – und die Preise in der Folge nicht mehr den Kosten entsprechen. Dieser Zusammenhang zwischen Kosten und Qualität kann u. E. effektiver durch Nebenbedingungen zu Preisentscheidungen berücksichtigt werden, die diese unter Widerrufsvorbehalt stellen. Dies reduziert zum einen die Komplexität der Regulierung durch einen minimierten Planungs- und Kontrollaufwand und zum anderen die Eingriffe in den Markt.

Als Indikatoren für solche Nebenbedingungen einer Price-Cap-Entscheidung empfehlen wir die Laufzeit sowie die Zustellhäufigkeit, weil diese in direktem Zusammenhang zu den Kosten der regulierten Leistung stehen. Da die Bundesnetzagentur bisher keine direkte Möglichkeit zur Kontrolle der Brieflaufzeit hat, sollte zur Prüfung der Einhaltung der Qualitätsvorgaben eine Verpflichtung in die Entscheidung aufgenommen werden, regelmäßig über die Qualitätsperformance sowie die verwendeten Messmethoden an die Bundesnetzagentur zu berichten.

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.