Gasmarktregulierung in Europa: Ansätze, Erfahrungen und mögliche Implikationen für das deutsche Regulierungsmodell (Nr. 263) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Gasmarktregulierung in Europa: Ansätze, Erfahrungen und mögliche Implikationen für das deutsche Regulierungsmodell (Nr. 263)

Neuer Diskus: Gasmarktregulierung in Europa: Ansätze, Erfahrungen und mögliche Implikationen für das deutsche Regulierungsmodell

Andreas Hense

Gasmarktregulierung in Europa: Ansätze, Erfahrungen und mögliche Implikationen für das deutsche Regulierungsmodell
Nr. 263 / März 2005

Zusammenfassung

Seit Beginn der Liberalisierung der deutschen Energiemärkte im Jahre 1998 haben sich im Gassektor kaum gravierende Wettbewerbskräfte entwickeln können. Ansätze, die Marktbedingungen zu verändern, blieben hier häufig ohne spürbare Folgen. Ein Hauptgrund dafür wird im Kontraktpfadmodell der Verbändevereinbarungen gesehen, welches eine gesonderte Abwicklung für jedes Einzelgeschäft notwendig macht. Aufgrund der dadurch induzierten Marktzersplitterung konnte ein liquider Sekundärmarkt erst gar nicht entstehen. Um die Voraussetzungen für wirksamen Wettbewerb und die Entstehung eines börsenfähigen Massengeschäfts im Gassektor zu ermöglichen, ist es daher geboten, wettbewerbskonforme Regelungen insbesondere hinsichtlich Engpassmanagement, Transparenz, Bilanzausgleich und Entgeltprinzipien aufzustellen. Diese Aufgabe stellt sich zurzeit für den deutschen Gesetzgeber. Bei der Wahl eines angemessenen und zieladäquaten Regulierungsdesigns gewährt ein Blick auf die Rahmenbedingungen ausgesuchter europäischer Nachbarstaaten dabei wertvolle Einblicke.

Die nationalen Unbundling-Vorschriften der sechs Vergleichsländer (Österreich, Großbritannien, Niederlande, Frankreich, Spanien, Italien) erfüllen die Mindestanforderungen der EU-Beschleunigungsrichtlinie. In einigen Ländern gehen sie sogar über dieses Maß hinaus, wobei für die Transportebene eine Tendenz zur eigentumsrechtlichen Entflechtung zu erkennen ist. Bis auf Spanien erfolgt der Netzzugang in allen Staaten auf der Basis eines Entry-Exit-Modells. Die Regelzonen sind in diesen Ländern sehr weit abgesteckt. Im Idealfall bildet der inländische Gasmarkt nur eine Regelzone (Großbritannien, Niederlande, Italien). Österreich verfügt aufgrund separater Netzgebiete über drei Regelzonen. Bemühungen im noch relativ fragmentierten Gasmarkt in Frankreich zielen darauf hin, bis 2009 landesweit nur noch zwei Regelzonen gegeneinander abzugrenzen. Die Zuteilung der Netzkapazitäten erfolgt in fast allen betrachteten Gasmärkten nach dem Reihenfolgeprinzip. Bisher ist lediglich in Großbritannien der marktwirtschaftlichste Rationierungsmechanismus implementiert worden: die Versteigerung der Kapazitäten im Rahmen von Auktionen. Ähnlich wie in den Niederlanden und neuerdings Italien fungiert das britische Gasnetz zudem als virtueller Handelspunkt für den kurzfristigen Gas- und Kapazitätsaustausch. Bei hoher Liquidität ermöglichen diese Handelsplätze marktnahe Abrechnungspreise im Rahmen des Bilanzausgleichs und erhöhen spürbar die Neigung potentieller Newcomer zum Markteintritt. Auch Gas- Release-Programme und die Erschließung neuer Importkapazitäten haben sich als probates Mittel erwiesen, um in den betrachteten Gasmärkten die Wettbewerbskräfte zu stärken.

In allen Vergleichsstaaten erfolgt die Netzentgeltregulierung ex-ante. Während in Großbritannien, den Niederlanden und Italien anreizorientierte Entgeltmodelle zur Anwendung kommen, werden die Netztarife in den anderen Staaten letztlich kostenorientiert vorgegeben. Dabei legt nur Österreich das Konzept des Realkapitalerhalts zugrunde. Zunehmend weisen die nationalen Regulierungsdesigns auch Ansätze eines Benchmarkings auf (Niederlande, Italien). Schließlich gewinnen auch Qualitätsaspekte an Bedeutung. In Großbritannien werden sie 2005 erstmals in die Entgeltformel integriert.

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