Wettbewerb und Regulierung im internationalen Telefondienst - Struktur, Entwicklung und Probleme eines vor der Liberalisierung stehenden Telekommunikationsmarktes in Europa (Nr. 139) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Wettbewerb und Regulierung im internationalen Telefondienst - Struktur, Entwicklung und Probleme eines vor der Liberalisierung stehenden Telekommunikationsmarktes in Europa (Nr. 139)

Wettbewerb und Regulierung im internationalen Telefondienst - Struktur, Entwicklung und Probleme eines vor der Liberalisierung stehenden Telekommunikationsmarktes in Europa

Alfons Keuter

Wettbewerb und Regulierung im internationalen Telefondienst - Struktur, Entwicklung und Probleme eines vor der Liberalisierung stehenden Telekommunikationsmarktes in Europa
Nr. 139 / Dezember 1994

Zusammenfassung

Zu der von nationalen Monopolen geprägten Struktur der Telekommunikationsmärkte in Europa gehört, daß das Führen eines Auslandsgespräches i.d.R. nur durch die kooperative Leistung mindestens zweier Monopolanbieter ermöglicht wird. Als Folge des fehlenden Wettbewerbs haben sich in fast allen europäischen Staaten sehr hohe, weder kosten- noch nachfrageorientierte internationale Telefontarife erhalten. Die Preissetzung ist zudem durch geringe tarifliche Wahlmöglichkeiten für die Kunden gekennzeichnet. Ein Vergleich mit bereits liberalisierten Märkten zeigt, daß der Wettbewerb zu einer verbesserten Preissetzung, Kostenreduzierung und Nachfragestimulierung führen kann.

Durch die Entscheidung des EU-Ministerrates vom Juni 1993, den gesamten Sprachtelefondienst in einem Schritt 1998 zu liberalisieren, ist es zu der möglichen vorzeitigen Öffnung des internationalen Telefondienstes nicht gekommen. Gleichwohl sehen sich die nationalen TK-Gesellschaften in Europa mit einem wachsenden Konkurrenzdruck durch dynamische TK-Unternehmen und innovative Dienstleister aus dem Ausland konfrontiert. Darüber hinaus haben die weltweit zunehmend unterschiedlichen Marktstrukturen und das durch das frühere System geprägte internationale Abrechnungssystem zur Verschlechterung der Telefonverkehrs- und Zahlungsbilanzen insbesondere mit den USA geführt. In den 80er Jahren ist daher der Druck gestiegen, die europäischen Märkte zu liberalisieren und die internationalen Tarife und Verrechnungssätze zu senken.

Ausländische TK-Gesellschaften und Dienstleister haben mittlerweile Wege gefunden, von den relativ hohen internationalen Telefontarifen in Europa zu profitieren. Über Mietleitungen und kostenfreie Servicenummern lenken sie Auslandstelefonverkehr vom europäischen Festland auf ihre Knoten in Großbritannien bzw. den USA und von dort zu den Adressaten. In ähnlicher Weise nutzen Rückrufdienste die differierenden Tarifniveaus. Anbieter internationaler Telefonkarten verstärken ihre Aktivitäten in Europa, und die europäischen Mobilfunkbetreiber ermöglichen in wachsendem Maße die grenzüberschreitende Nutzung der Mobilfunktechnologie durch sogenannte "Roaming-Verträge".

Die Diskussion der regulatorischen Implikationen der Umgehung der nationalen Telefondienste konzentriert sich auf die Analyse der ökonomischen Effizienz der verschiedenen Angebote. Die Studie zeigt auf, daß die nationalen TK-Gesellschaften zwar verminderte Einnahmen aus dem Telefondienst hinzunehmen haben, daß sie aber erhöhte Erträge aus dem Mietleitungs- und Servicenummerngeschäft erzielen sowie verminderte Zahlungen an ausländische Gesellschaften positiv verbuchen können. Zudem kann der wachsende Wettbewerbsdruck zu niedrigeren internationalen Tarifen und flexibleren Tarifmodellen führen und die Umstrukturierung der nationalen Telekom-Gesellschaften beschleunigen. Die langfristig wirkenden Vorteile gleichen mögliche kurzfristige Effizienzverluste somit zumindest teilweise aus. Es empfiehlt sich daher, den aufkeimenden Wettbewerb nicht durch Übergangsbestimmungen zu behindern und Nutzungsbeschränkungen und reservierte Bereiche frühestmöglich abzubauen.