Selbstregulierung bei Standardisierungsprozessen am Beispiel von Mobile Number Portability (Nr. 266) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Selbstregulierung bei Standardisierungsprozessen am Beispiel von Mobile Number Portability (Nr. 266)

Neuer Diskus: Selbstregulierung bei Standardisierungsprozessen am Beispiel von Mobile Number Portability

Annette Hillebrand, Alexander Kohlstedt, Sonia Strube Martins

Selbstregulierung bei Standardisierungsprozessen am Beispiel von Mobile Number Portability
Nr. 266 / Juli 2005

Zusammenfassung

Eine effiziente Organisation von Standardisierungsprozessen ist von hoher politischer und ökonomischer Relevanz. Dies gilt nicht zuletzt für den zunehmend komplexer werdenden Bereich der Netzzusammenschaltung und Nummerierung. Angesichts der Vielzahl der Akteure und ihres Interesses an einer raschen und nachhaltigen Standardisierung hat sich in diesem Bereich in vielen Ländern Selbstregulierung als ein Organisationsprinzip durchgesetzt. Selbstregulierung, oder auch Co-Regulation, kennzeichnet ein Konzept, bei dem im Gegensatz zur imperativen Regulierung die wesentlichen Industrienormen und Verhaltenscodes von den beteiligten Akteuren selbst aufgestellt werden.
Das Resultat sind im bestmöglichen Fall konsensfähige, stabile und im internationalen Wettbewerb durchsetzungsfähige Standards sowie geringere Transaktionskosten.

Die im Rahmen dieser Studie durchgeführte Analyse von Selbstregulierungs-regimes bei der Einführung von Nummernportabilität im Mobilfunk (MNP) belegt, dass Erfolge vor allem dann erzielt werden, wenn die Akteure über weitgehend homogene Interessen verfügen. Dies ist jedoch im Bereich der Nummernportabilität nicht immer der Fall. Insbesondere die Marktführer befürchten, durch MNP Kunden an andere Service Provider zu verlieren. Die Marktmacht einiger Parteien kann daher in einem selbstregulierten Aushandlungsprozess zu Verzögerungen durch Blockadestrategien führen. Entscheidend ist dann, wie der Selbstregulierungsprozess mit Hilfe von Kontroll- und Sanktionsmitteln durch eine staatliche Behörde gesteuert werden kann. Belegt wird diese These vor allem durch das Funktionieren des Selbstregulierungsregimes in Australien. Dort trägt die Einbettung der Co-Regulierung in eine übergreifende politische Organisationsstruktur entscheidend zum Erfolg bei. Dagegen zeigt sich bei der Betrachtung des weniger effizient arbeitenden AKNN (Arbeitskreis für technische und betriebliche Fragen der Nummerierung und Netzzusammenschaltung) in Deutschland deutlich die Problematik heterogener Interessenslagen für die Einigung aufgrund unzureichender Sanktionsmechanismen.

Zentrale Merkmale und Erfolgsbedingungen von Standardisierungsprozessen lassen sich durch industrieökonomische und organisationssoziologische Theorien eruieren. In der vorliegenden Studie werden mit Hilfe dieser Erklärungsansätze Grundlagen und Handlungsmaximen der Selbstregulierung analysiert und bewertet. Grundsätzlich erweisen sich Selbstregulierungsregimes als dauerhafter und stabiler, sie stellen jedoch in der Regel nur den kleinsten gemeinsamen Nenner einer potenziellen Lösung dar. Je homogener die Interessenslage ist, desto effizienter ist eine Umsetzung von Zielen durch selbstbestimmte Regeln möglich. Je größer die Differenzen sind, umso wichtiger
ist das Vorhandensein von imperativen Regulierungsoptionen unterschiedlicher Eingriffstiefen. Entsprechend ist eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg eines Selbstregulierungsregimes die detaillierte und verbindliche ex ante Festlegung der Verfahrensabläufe einschließlich ihrer Anreiz- und Sanktionsmechanismen.

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.