John D. Borrows, Phyllis A. Bernt, Raymond W. Lawton
Universal Service in the United States: Dimensions of the Debate
Nr. 124 / März 1994
Zusammenfassung
In der Diskussion um die Postreform II nimmt die Bedeutung der Telekommunikation als Infrastrukturfaktor einen besonderen Stellenwert ein. Das flächendeckende Angebot von Telekommunikationsdiensten zu einheitlichen Tarifen steht dabei im Vordergrund. Allerdings liegt der Infrastrukturdiskussion in Deutschland durchaus ein breiter angelegtes Verständnis des Infrastrukturkonzeptes zugrunde.
In der deutschen und europäischen telekommunikationspolitischen Diskussion wird die Einführung von Wettbewerb im Kernbereich der Telekommunikation oft als Gegensatz zur Realisierung infrastrukturpolitischer Zielsetzungen gesehen. Dabei wird häufig auf die Wettbewerbsentwicklung in den USA verwiesen und die Vermutung geäußert, daß dort wegen Wettbewerb der Infrastrukturgedanke der Telekommunikation keinen besonderen Stellenwert mehr habe und bestimmte Gruppen der Bevölkerung schlechtere Zugangsbedingungen zum Telefondienst haben als in Deutschland.
Die vorliegende Studie zeigt auf, daß die genannte Beschreibung nicht die regulatorische und telekommunikationspolitische Realität in den USA widerspiegelt. Der Infrastrukturgedanke der Telekommunikation hat in den USA eine lange Tradition. Der Infrastrukturgedanke findet sich in den USA primär unter dem Dach des Universal Service-Konzeptes, wobei dieses Konzept eine genauere Ausprägung gefunden als etwa das Infrastrukturkonzept in Deutschland.
Die vorliegende Studie wurde vom WIK konzipiert und vom National Regulatory Research Institute (NRRI) der Ohio State University durchgeführt. Das NRRI ist der Forschungsarm der einzelstaatlichen Public Utility Commissions in den USA.
Die Studie stellt dar, wie sich das Universal Service-Konzept in den USA entwickelt hat und mit welchen regulatorischen Mechanismen es umgesetzt worden ist. Dabei zeigt sich, daß die Subventionierung lokaler Telefondienste, Tarifeinheit, Nahbereichskonzeptionen, die Subventionierung des ländlichen Raums und die Begünstigung bestimmter Nutzergruppen typische Ausprägungen des Universal Service-Gedankens sind.
Ein besonderes Gewicht nimmt in der Studie die Umsetzung der Universal Service-Philosophie nach der Entflechtung von AT&T und der Realisierung von Wettbewerb in allen Teilbereichen der Telekommunikation ein. Es zeigt sich, daß sich seitdem weniger am Universal Service-Gedanken als an den Umsetzungsmechanismen geändert hat. Zwar wurde die Subventionierung lokaler Telefondienste vermindert, doch wurde gleichzeitig durch verschiedene Programme versucht sicherzustellen, daß die hohe Anschlußdichte an das Telefonnetz erhalten blieb (faktisch wurde sie sogar im letzten Jahrzehnt noch gesteigert). Durch das besondere Access Charge-Regime und die Entwicklung von Universal Service Funds wurden neben AT&T auch die Wettbewerber im Fernverkehr zur Finanzierung von Universal Service mit herausgezogen.
Die Studie stellt auch dar, welche Pfade die Universal Service Diskussion derzeit beschreitet. Im Vordergrund steht in der amerikanischen Diskussion zum einen, wie die Finanzierungsbasis für Universal Service wettbewerbsneutraler dargestellt werden kann, wenn die Wettbewerbsintensität im Bereich der Ortsnetze zunimmt. Zum anderen gibt es eine intensive Diskussion darüber, ob und inwieweit der Universal Service-Gedanke auch auf andere Telekommunikationsdienste als den Telefondienst ausgedehnt werden soll.
Die Studie zeigt, daß Universal Service in der Telekommunikation nicht nur ein Phänomen der deutschen und europäischen Diskussion ist, sondern sich mindestens in gleicher Breite in den USA wiederfindet. Sie zeigt aber auch, daß Universal Service und Wettbewerb uneingeschränkt nebeneinander bestehen können. Es gibt Regulierungsmechanismen, die beides miteinander vereinbar machen. Insofern steht der Infrastrukturgedanke von Telekommunikation nicht der Einführung von Wettbewerb entgegen.
[Nur in englischer Sprache erhältlich.]