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Telekommunikationspolitik und Marktentwicklung in Schweden (Nr. 128)

Telekommunikationspolitik und Marktentwicklung in Schweden

Ernst-Olav Ruhle

Telekommunikationspolitik und Marktentwicklung in Schweden
Nr. 128 / April 1994

Zusammenfassung

In den international geführten Diskussionen über unterschiedliche Liberalisierungspfade in der Telekommunikationspolitik, wird häufig das Beispiel Schwedens als ein Land, das zu keiner Zeit Marktzutrittsbeschränkungen im Bereich des Angebots von Telekommunikationsdiensten bzw. bei der Errichtung und beim Betrieb von Telekommunikationsnetzen angewandt hat, genannt. Daraus wird teilweise gefolgert, daß Schweden in bezug auf Liberalisierung und Deregulierung in der Telekommunikationspolitik im internationalen Vergleich eine Vorreiterrolle eingenommen hat.

Diese Betrachtungsweise ist insofern richtig, als daß es keine formalen Regelungen gab, die potentielle Anbieter in diesem Markt von Marktzutritten hätten abhalten können. Faktischer Wettbewerb kam dennoch nicht zustande, da sich mit Televerket die staatliche Telefongesellschaft eine de facto Monopolstellung geschaffen hatte. Diese Position konnte dahingehend ausgenutzt werden, als daß der fehlende Regulierungsrahmen vom incumbent selbst ausgefüllt wurde. Wesentliche Regulierungsfunktionen wie die Zulassung von Endgeräten und die Frequenzallokation waren über lange Zeit bei Televerket angesiedelt, das auf diese Weise faktisch Marktzutritte verhindern konnte.

In den letzten Jahren sind in Schweden bedeutende Veränderungen vorgenommen worden. Zum einen haben schwedische und ausländische potentielle Anbieter über Beschwerden bei der schwedischen Regierung versucht, in die Monopolbereiche Televerkets vorzudringen, was nach und nach auch gelungen ist. So gibt es heute in den Segmenten des internationalen Telefondienstes und des Mobilfunks einen bzw. zwei Wettbewerber. Marktzutritte im Fernverkehr sowie im Ortsnetzbereich werden in Kürze erwartet. Zweitens ist im Bereich der Telekommunikationspolitik ein Prozeß eingeleitet worden, der darauf abzielt, einen formalen Regulierungsrahmen zu etablieren. So wurde eine Regulierungsbehörde geschaffen, deren Kompetenzen nach und nach erweitert wurden, und es wurde ein Telekommunikationsgesetz verabschiedet, das u.a. den Kernbereich der Telekommunikation reguliert. Der Zutritt im Bereich des Netzbetriebs und des Telefondienstes wird dabei über Genehmigungen realisiert, im Mobilfunk erfolgt die Genehmigung über die Frequenzzuteilung.

Es zeigt sich, daß die Wettbewerber unter dem neuen Regime bereits Marktanteile gewonnen haben, sowie ferner die Marktzutritte beim incumbent einen Prozeß der Reorientierung auslösten. Der wichtigste Bestandteil hierbei war die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen Telia, an der der Staat 100% der Anteile hält. Angestrebt und von Telia gewünscht ist die Privatisierung des Unternehmens und die vollständige Freiheit vor staatlichen Eingriffen in die Unternehmenspolitik.