Ernst-Olav Ruhle
Regulierung und Entwicklung des australischen Telekommunikationsmarktes
Nr. 129 / Mai 1994
Zusammenfassung
Im Rahmen der Analyse unterschiedlicher Liberalisierungspfade in der Telekommunikationspolitik verschiedener Länder, hat die Wahl des regulatorischen Ansatzes in Australien in den letzten Jahren verstärktes Interesse hervorgerufen. Die über lange Zeit bestehende Struktur des Marktes mit einer Trennung der Segmente für nationale und internationale Telekommunikation sowie für Satellitenkommunikation und die Zuständigkeit unterschiedlicher Monopolanbieter wurde durch die Reformen der Jahre 1989 und 1991 grundlegend verändert. Es wurde das Ende der Marktsegmentierung herbeigeführt, indem die bisher getrennten Anbieter für nationale und internationale Telekommunikation zum neuen incumbent Telstra integriert wurden, zum anderen wurde das nationale Satellitensystem AUSSAT an Optus, die seit 1992 mit Telstra konkurrierende Telefongesellschaft, verkauft. Die Marktsegmentierung kann jedoch noch nicht als vollständig überwunden gelten. Grund hierfür ist die bei der Marktzutrittsregulierung vorgenommene Trennung zwischen Netzbetreibern und Diensteanbietern sowie die Zuständigkeit unterschiedlicher Regulierungsinstanzen. Während das zuständige Ministerium v.a. neue Netzbetreiber auswählt, hat die 1989 gegründete Regulierungsbehörde AUSTEL ihre Aufgabenschwerpunkte in der Regulierung der Diensteanbieter und der Verhaltensregulierung der Netzbetreiber.
Ein Auswahlverfahren im Jahr 1991 bestimmte Optus zum zweiten general carrier, im Jahr 1993 erfolgte die Lizenzierung und die Betriebsaufnahme eines weiteren Mobilfunkanbieters. Optus ist berechtigt, nationalen Fernverkehr, internationale Telekommunikationsdienste sowie Satellitenkommunikationsdienste auf der Basis eigener Übertragungswege anzubieten.
Große Teile des regulatorischen Umfeldes wurden vor dem Marktzutritt festgelegt, wobei die geltenden Bedingungen v.a. in bezug auf die Netzzusammenschaltung, das Verhalten des dominanten Anbieters und die Realisierung von equal access als vorteilhaft für den Wettbewerber einzustufen sind. Auf der anderen Seite unterliegt Optus Verpflichtungen bezüglich des Netzausbaus, der Investitionen, der Arbeitsplatzschaffung und des Vorleistungsbezugs bei australischen Unternehmen.
Telstra hat einen umfangreichen, innerbetrieblichen Restrukturierungsprozeß durchlaufen, bei dem Schwerpunkte im Bereich des Personalabbaus und bei der Intensivierung der internationalen Aktivitäten festzustellen sind.
Eine Bestandsaufnahme nach ca. zwei Jahren in einem wettbewerblichen Umfeld zeigt, daß es Optus gelungen ist, spürbare Marktanteile zu gewinnen. Eine ursprünglich für 1996 vorgesehene Überprüfung der Auswirkungen des neuen Regimes wird um ca. zwei Jahre vorgezogen. Die wichtigsten Themen sind die Zulassung weiterer Wettbewerber im Kernbereich der Telekommunikation vor 1997 und die Privatisierung von Telstra.