Cornelia Fries
Learner Needs and Demands in Multimedia Teletraining
Nr. 155 / Dezember 1995
Zusammenfassung
Europäische Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihren steigenden Qualifikationsbedarf angesichts begrenzter Trainer-Kapazitäten und notwendiger Kostensenkungen im Fortbildungsbereich zu bewältigen. Teletraining stellt eine neue, vielversprechende Form der betrieblichen Weiterbildung dar, die es ermöglicht, eine große Zahl von Mitarbeitern kurzfristig, bedarfsgerecht, arbeitsplatznah und kostengünstig fortzubilden. Kursteilnehmer und Tutoren werden über Telekommunikationsnetze miteinander verbunden werden und sind in der Lage, orts- und zeitunabhängig miteinander zu kommunizieren.
Die Europäische Union (DG XIII) förderte in ihrem Rahmenprogramm DELTA (1992 - 1995) eine Vielzahl von Projekten, die technische und konzeptionelle Lösungen für telematikgestütztes Lernen entwickeln und diese unter realen Marktbedingungen testen. Das größte der anwendungsbezogenen Projekte war die "Multimedia Teleschool" (MTS), die vom WIK, in Zusammenarbeit mit einer Forschungsgruppe der Polytechnischen Universität Madrid, unter mehreren Fragestellungen evaluiert wurde. Der vorliegende Bericht faßt die Ergebnisse der Akzeptanzevaluation, am Beispiel der in MTS angebotenen Sprachkurse, an denen fast 300 Beschäftigte aus Unternehmen in 8 eu-ropäischen Ländern teilnahmen, zusammen. In den Trainingskursen der "Multimedia Teleschool" wurde das Selbststudium mit traditionellen Lernmedien durch tutorbetreutes Gruppenlernen in einem textbasierten Computer-Konferenz-System ergänzt. Ein zusätzliches Element waren interaktive TV-Sendungen mit direktem Lerner-Feedback, z.B. über Videokonferenz-Verbindungen.
Die Evaluationsergebnisse machen deutlich, daß die hohen Anforderungen, die Teletraining an Motivation und Selbstlernfähigkeiten der Teilnehmer stellt, häufig unterschätzt werden. Zusätzlich zu den Lerninhalten sind die Teletraining-Teilnehmer mit technischen und organisatorischen Anlaufproblemen konfrontiert. Sie müssen sich mit dem Umgang mit neuen Lerntechnologien vertraut machen und ihre Lernaktivitäten in den täglichen Arbeitsablauf integrieren. Dennoch zeigten die Lerner ein großes Interesse an der Nutzung der neuen Lerntechnologien.
Die durch die parallelen Anforderungen des Lernens und der Verpflichtungen am Arbeitsplatz entstehenden Zeitprobleme stellten das Haupthindernis für eine erfolgreiche und regelmäßige Kursteilnahme dar. Viele Lerner entschieden sich dafür, meist in ihrer Freizeit zu lernen. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, daß für die Teletraining-Teilnehmer Flexibilität wichtiger ist als Interaktivität. Verfügen sie über ein begrenztes Zeitbudget, so ziehen sie isoliertes Selbstlernen in Verbindung mit individueller Betreuung durch den Tutor den intensiven, aber zeitaufwendigen Gruppenaktivitäten vor. Flexibilität und individuelle Tutorbetreuung wurden von den Lernern als Hauptnutzen der Teletraining Kurse wahrgenommen.
Sowohl im Konferenz-System als auch während der interaktiven TV-Sendungen neigte die Mehrheit der Teletraining-Teilnehmer zu passivem Verhalten und konnte nur durch direkte Aufforderung durch den Tutor zur aktiven Teilnahme bewegt werden. Dennoch war zu erkennen, daß die Lerner nachdem sie mit der neuen Technik vertraut sind, erfolgreich neue und adäquate Kommunikationsstrategien zur Nutzung von telematikgestützten Lerntechnologien entwickeln. In einem angemessenen Zeitrahmen und mit Unterstützung durch Tutoren oder Koordinatoren können sie sowohl von Flexibilität als auch von Gruppenlernen und interkultureller Kommunikation profitieren.
Die Evaluationsergebnisse zeigen, daß es kein optimales Teletraining-Szenario mit einer optimalen Technik-Konfiguration gibt. Der Erfolg und die Akzeptanz von Teletraining hängen vielmehr von der Einbindung geeigneter Lernmedien in ein unterstützendes und flexibles Lernumfeld ab, das die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Beschäftigten berücksichtigt. Präsenzunterricht (einzeln oder in der Gruppe) wird von der Mehrheit der Lerner auch weiterhin als optimale Fortbildungsmethode - gerade im Sprachenunterricht - angesehen, die durch Teletraining nicht ersetzt werden kann. Bei der Wahl eines geeigneten Lernszenarios, das es den Beschäftigten ermöglicht, Lernen an ihren persönlichen Bedürfnissen auszurichten, erscheint ihnen Teletraining jedoch als wertvolle - und oft bevorzugte - Alternative.
[Nur in englischer Sprache erhältlich.]