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Effiziente Telefontarife der Deutschen Telekom im Rahmen einer Price-Cap-Restriktion (Nr. 159)

Effiziente Telefontarife der Deutschen Telekom im Rahmen einer Price-Cap-Restriktion

Lorenz Nett, Werner Neu unter Mitarbeit von Wolfgang Hürter

Effiziente Telefontarife der Deutschen Telekom im Rahmen einer Price-Cap-Restriktion
Nr. 159 / Juni 1996

Zusammenfassung

In dieser Arbeit wird ein methodischer Ansatz entwickelt, mit dem eine fundierte Aussage über Effizienzeigenschaften von Tarifstrukturen für den Sprachtelefondienst der Deutsche Telekom AG getroffen werden kann. Als Kriterien für Effizienz werden zwei Maßgrößen herangezogen, zum einen die anhand von Konsumentenrente gemessene Vorteilhaftigkeit der Tarifstruktur für die Nutzer und zum anderen der mit dieser Struktur von der Telekom erreichbare Gewinn. Für die Analyse werden Daten des Jahres 1993 zugrundegelegt. Es wird davon ausgegangen, daß eine Umstrukturierung der Tarife im Rahmen eines Price-Caps erfolgt.

Die Analyse erfolgt auf der Basis eines mikroökonomischen Modells. Es werden Nachfragefunktionen nach Hauptanschlüssen und Gesprächsminuten mit konstanter Eigenpreiselastizität und vernachlässigbaren Kreuzpreiseffekten unterstellt. Da für Deutschland keine einschlägigen empirischen Studien vorliegen, werden bezüglich der Preiselastizitäten plausible Annahmen auf der Grundlage von entsprechenden Schätzungen für andere Länder getroffen. Die übrige Parametrisierung der Nachfragefunktionen erfolgt auf der Basis vorliegender Informationen über die Nutzung des Telefonnetzes der Telekom durch die verschiedenen Nutzergruppen. Wir unterstellten eine lineare Kostenstruktur mit einem erheblichen Block an mengenunabhängigen Gemeinkosten. Für die Werte der zugrundegelegten langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten wird auf Ergebnisse von Kostenstudien und Expertengesprächen zurückgegriffen.

Unter Zugrundelegung des Ansatzes wird gezeigt, daß die im Jahre 1993 geltende Tarifstruktur für den Sprachtelefondienst (der die derzeit geltende Tarifstruktur im wesentlichen weiterhin entspricht) bei gegebener Nachfrage- und Kostenstruktur ein Potential für volkswirtschaftliche Gewinne in Milliardenhöhe aufwies. Mit der im Rahmen einer Price-Cap-Regulierung erlaubten Tarifreform - ohne jegliche Senkung des allgemeinen (durchschnittlichen) Tarifniveaus - hätte ein erheblicher sowohl betriebswirtschaftlicher wie auch volkswirtschaftlicher Gewinn erzielt werden können. Es wird gezeigt, daß bei einer Restrukturierung der Tarife die Situation sowohl der Nutzergruppen wie des Telekommunikationsunternehmens erheblich hätte verbessert werden können. Nach der Referenzrechnung hätte die Telekom einen zusätzlichen Gewinn von 900 Mio DM und die privaten bzw. die geschäftlichen Nutzer einen Konsumentenrentenzuwachs von 515 Mio DM bzw. 460 Mio DM erzielen können. Ein weiteres Ergebnis ist, daß eine nach Nutzergruppen differenzierte monatliche Grundgebühr sich als ein geeignetes Instrumentarium erweist, um Transfers zwischen den Nutzergruppen herbeizuführen, die notwendig sind, um negative Verteilungseffekte zu vermeiden und die Umstrukturierung gesellschaftspolitisch akzeptabel zu gestalten.