Sonja Schölermann
Das Produktangebot von Universaldienstleistern und deren Vergleichbarkeit
Nr. 260 / Dezember 2004
Zusammenfassung
Innerhalb der Europäischen Union ist der Mindestumfang des Postuniversaldienstes, den die nationalen Universaldienstleister zu erbringen haben, mittels der Direktive 97/67/EG vereinheitlicht. Auch in der Schweiz existieren ähnliche Vorgaben, während es in Nordamerika (USA und Kanada) keine vergleichbaren Universaldienstdefinitionen gibt. Vor dem Hintergrund dieser Vorgaben wurden die Dienste der nationalen Postunternehmen in Europa und Nordamerika untersucht und verglichen. Dabei sollten die wesentlichen Unterschiede zwischen den Portfolios der Universaldienstleister aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden, Spanien, Schweiz, USA und Kanada identifiziert werden.
Bei einer ersten Betrachtung der Postdienste dieser Anbieter zeigt sich, dass die grundlegenden Strukturen bei allen Anbietern ähnlich sind: Ausnahmslos bieten die Postunternehmen Dienste für Standardbriefe, Standardpakete, Einschreiben und versicherte Sendungen an und entsprechen damit dem Universaldienstumfang, den beispielsweise die europäische Postdienste-Richtlinie vorsieht. Werden die Portfolios hingegen im Detail betrachtet, so zeigen sich große Unterschiede in den exakten Dienstdefinitionen. Das soll anhand von drei kurzen Fallbeispielen verdeutlicht werden: den angebotenen Sendungsklassen, den Formaten und Gewichtsgrenzen sowie den speziellen Preisdifferenzierungsmöglichkeiteneiniger Anbieter.
Zum ersten zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Postanbietern bereits in den Sendungsklassen für Briefe. Fünf der neun untersuchten Anbieter ermöglichen den Versand von Briefsendungen in zwei Klassen mit unterschiedlichen Laufzeiten, die jedoch innerhalb einer Klasse nicht einheitlich sind. Die Zustellung von Briefen am ersten Werktag nach der Einlieferung ist zwar allgemeiner Standard innerhalb Europas, aber der spanische Universaldienstleister stellt Standardbriefe erst am dritten Werktag nach der Einlieferung zu. Zweitens bestehen Unterschiede in den Begrenzungen der Formate und Gewichte von Briefsendungen zwischen den Anbietern. Die Tarifstruktur der Briefdienste kann format- oder gewichtsbasiert sein. Die Deutsche Post AG ist der Anbieter mit den meisten Formatvarianten (insgesamt vier Formate), während Royal Mail bislang keine Formate definiert hat und sich ausschließlich auf das Sendungsgewicht als Preiskriterium stützt. Drittens werden bei den Massensendungstarifen spezielle Preisdifferenzierungskriterien angewendet. Sweden Post ist der Postanbieter mit der größten Vielfalt solcher Kriterien. Bspw. sind die Massensendungstarife u. a. abhängig der voraussichtlichen Kapazitätsauslastung von Sweden Post (geringere Entgelte bei geringerer Auslastung).
Trotz grundsätzlicher Unterschiede in den Universaldienstvorgaben in Europa und Nordamerika kann als ein erstes Ergebnis der Studie zusammengefasst werden, dass sich die Strukturen der Dienstportfolios sehr ähneln. Anhand der angeführten Beispiele wird jedoch deutlich, dass die Differenzierungsmöglichkeiten im Detail sehr groß und die Dienstvariationen daher sehr vielfältig sind. Die Identifikation der wesentlichen Unterschiede in den Portfolios der Anbieter stellt einen wichtigen Schritt für eine weiter gehende Analyse länderspezifischer Ursachen für Besonderheiten einerseits und genereller Einflussfaktoren wie der zunehmende Wettbewerbsdruck in den Postmärkten auf Veränderungen in den Portfolios andererseits dar.
Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.