Mark Oelmann, Sonja Schölermann
Die Anwendbarkeit von Vergleichsmarktanalysen bei Regulierungsentscheidungen im Postsektor
Nr. 284 / Dezember 2006
Zusammenfassung
Vergleichsmarktanalysen werden für Regulierungsentscheidungen in vielen regulierten Netzwerkindustrien herangezogen. Zum Teil begründen diese Vergleichsmarktanalysen Regulierungsentscheidungen unmittelbar, zum Teil untermauern sie diese lediglich bzw. helfen, die eingereichten Informationen regulierter Unternehmen zu hinterfragen. Vergleichsmarkt-analysen können folglich sehr verschiedene Ausprägungen haben: Auf der einen Seite die sehr formalisierte Yardstick Competition, auf der anderen Seite das weniger formalisierte Benchmarking. Ziel dieses Diskussionsbeitrags ist es, mögliches Ausbaupotenzial für Vergleichsmarktanalysen im Postsektor zu untersuchen. Die ökonomische Analyse kommt zum Ergebnis, dass das Konzept der Yardstick Competition als Methode zur Postmarktregulierung ungeeignet ist: Es gibt schlicht keine hinreichende Anzahl geeigneter Vergleichsunternehmen. Daher untersucht die vorliegende Studie konkrete Anwendungsmöglichkeiten für weniger formalisierte Formen des Benchmarkings.
Zunächst analysiert die Studie die theoretischen Grundlagen von Vergleichsmarktanalysen, ihre Verankerung im deutschen Postrecht sowie bisherige Anwendungen von Vergleichsmarktanalysen in der Beschluss-praxis der Bundesnetzagentur. Es folgt ein Exkurs zur praktischen Umsetzung von Yardstick Competition in der englischen Wassermarkt-regulierung. Er gibt Anregungen für die Weiterentwicklung von weniger formalisierten Formen des Benchmarkings in der Postregulierung.
Auf dieser Grundlage diskutiert die Studie das konkrete Ausbaupotenzial von Vergleichsmarktanalysen für die Postmarktregulierung in Deutschland. Hier werden Benchmarking-Methoden für drei verschiedene Anwendungsmöglichkeiten diskutiert: Erstens können Vergleichsmarktuntersuchungen bei der Zuweisung von Produkten zu Körben im Zuge der Preisobergrenzenregulierung eingesetzt werden. Zweitens können Preisstrukturvergleiche ein normales Preisbenchmarking ergänzen; die Anwendung dieser Preisstruktur-vergleiche bietet sich insbesondere für die Bestimmung von Teilleistungs-entgelten an. Die Methode der Preisstrukturvergleiche kann auch Indizien liefern, ob einzelne Entgelte Abschläge enthalten, die Wettbewerber missbräuchlich beeinträchtigen. Drittens bieten sich unterschiedliche Formen des Benchmarkings an, um Produktivitäts-fortschrittsraten zur Anwendung in der Preisobergrenzenregulierung zu bestimmen. Die Studie unterscheidet dabei Methoden zur Bestimmung des erwarteten Produktivitätsfortschritts unmittelbar nach der Liberalisierung („besonderes Aufholpotenzial“) einerseits und des „gewöhnlichen Produktivitätsfortschritts“ andererseits. Für den ersten Fall steht der Vergleich der Entwicklung totaler Faktorproduktivitäten in liberalisierten Netzindustrien im Mittelpunkt. Für den zweiten Fall bieten so genannte „Nature- of-Work-Modelle“ die Möglichkeit, Vergleichsmarktanalysen auch ohne umfangreiche Informationen über andere Postunternehmen durchzuführen: Der Vergleichsmaßstab sind hier Branchen, die schon immer im Wettbewerb standen. Mit dieser Methode können typische Probleme der Vergleichsmarktanalyse im Postsektor (sehr geringe Zahl von Vergleichsunternehmen, geringe Wettbewerbsintensität der Vergleichsmärkte) überwunden werden. [Full text available in German only]
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