Determinanten der Preisentwicklung auf dem deutschen Minutenreservemarkt (Nr. 300) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Determinanten der Preisentwicklung auf dem deutschen Minutenreservemarkt (Nr. 300)

Neuer Diskus: Determinanten der Preisentwicklung auf dem deutschen Minutenreservemarkt

Christian Growitsch, Gernot Müller, Margarethe Rammerstorfer, Christoph Weber

Determinanten der Preisentwicklung auf dem deutschen Minutenreservemarkt

Nr. 300 / Oktober 2007

Zusammenfassung

Ursprünglich wurde in den deutschen Regelzonen die Minutenreserve allein durch die jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber nachgefragt und von den mit ihnen verbundenen Kraftwerken angeboten. In den Jahren 2001 und 2002 veranlasste dann das Bundeskartellamt die Einführung individueller Ausschreibungsverfahren für die einzelnen Regelzonen. Die Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes von 2005 und vor allem die Stromnetzzugangsverordnung änderten die Rahmenbedingungen für die Beschaffung und den Einsatz von Regelenergie erneut mit der Vorgabe, dass die Übertragungsnetzbetreiber eine gemeinsame Ausschreibung für die Erbringung von Minutenreserve durchführen müssen. Nach Abschluss eines Konsultationsverfahrens legte die BNetzA in einem Beschluss vom 29. August 2006 einheitliche Regelungen fest, die vor allem die Veröffentlichungspflichten, den Kernanteil und die Zeitscheiben, den Zeitpunkt der Ausschreibung, die Gebotsabgabe und die Anbieterauswahl spezifizieren. Die gemeinsame Ausschreibung von Minutenreserve begann am 1. Dezember 2006. Alle rdings haben sich in die Reform gesetzten Erwartungen, insbesondere hinsichtlich eines verstärkten Marktzutritts von Minutenreserveanbietern und eines Rückgangs des Preisniveaus, bisher noch nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund werden in der vorliegenden Studie die Auswirkungen der Marktumstellung auf die beobachtbaren Leistungspreise analysiert. Dabei stehen folgende Fragen im Mittelpunkt: Welche Auswirkungen hat die Einführung der gemeinsamen Handelsplattform auf die Regelenergiepreise, speziell deren Erwartungswerte und Volatilität? Ermöglicht die Umstellung bzw. Zusammenführung des Systems eine Verbesserung der wettbewerblichen Position für die Marktagenten? Gibt es Handlungsbedarf von Seiten des Regulierers bei der Ausgestaltung der Auktionen (z.B. Anzahl der Auktionen, zeitliche Fixierung)? Der erste Teil der Ausarbeitung befasst sich mit den grundlegenden Charakteristika der Regelenergie und der Minutenreserve, der Struktur des deutschen Minutenreservemarktes und dem Ausschreibungsdesign. Auf dieser Grundlage wird das Verfahren aus auktionstheoretischer Sicht analysiert. Die tägliche Ausschreibung, die einstufige, verdeckte Gebotsabgabe und das Gebotspreisverfahren führen zu einer Vereinfachung des Marktzutritts, einer Beschränkung strategischen Verhaltens und tendenziell zu einem Preisrückgang. Die Änderung der Ausschreibungsmodalitäten zum Dezember 2006 hat widersprüchliche Wirkungen. Die Reduzierung der Mindestangebotsmengen, die Verkürzung der Zeitscheiben und die Informationspflichten senken den Preis, die Vorgabe von Kernanteilen und die Terminierung der Ausschreibung erhöhen ihn. Aufbauend auf den theoretischen Überlegungen wird im zweiten Teil der Markt anhand einer Zeitreihenanalyse untersucht. Beginnend mit der deskriptiven Beschreibung der Zeitreihe der Minutenreservepreise und -mengen werden die Auswirkungen der Einführung der gemeinsamen Handelsplattform näher betrachtet und ihre Abhängigkeiten von den Spotmärkten überprüft. Das Ergebnis zeigt, dass die beobachtbare Erhöhung der Preise seit Dezember 2006 weniger auf die Änderung des Ausschreibungsdesigns, als auf die generellen Preisanstiege am Spotmarkt zurückzuführen ist. Die Modelle weisen darauf hin, dass die Zeitreihen langfristig auf ihr altes Preisniveau zurücktendieren.

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.