Patrick Anell, Stephan Jay, Thomas Plückebaum
Netzzugang im NGN-Core
Nr. 310 / August 2008
Zusammenfassung
Die Migration zu Next Generation Networks (NGN) birgt komplexe Fragestellungen aus den Bereichen Next Generation Access und Next Generation Core. In dieser Studie werden Implikationen für den Netzzugang im NGN Core untersucht. Dies geschieht im Hinblick auf die Frage, welche Problemfelder die Architektur des NGN-Core für den Netzzugang aufwirft und welche Auswirkungen das auf regulatorische und wettbewerbspolitische Aspekte hat.
Zunächst wird NGN-Architektur anhand der Entwürfe der wesentlichen Standardisierungsinstitutionen dargelegt, um ein Verständnis für die funktionalen Zusammenhänge des NGN auf Basis des IP Multimedia Subsystems (IMS) zu generieren. Diese Analyse erlaubt bereits erste Rückschlüsse auf potenzielle Bottleneck-Funktionen in der Struktur des NGN-Core. Die Studie legt dann die netzseitige Realisierung von VoIP und Videodiensten dar und verdeutlicht jeweils das Innovations- und Konfliktpotenzial von Peerto- Peer Architekturen und die Positionierung unterschiedlicher Anbietertypen. Auf dieser Basis werden dann grundlegende Szenarien für die Interaktion von Anbietern im NGN erarbeitet. Dabei wird auch auf die Rolle von Wholesale Access und Interconnection eingegangen. Um die Analyse von kritischen Schnittstellen und Funktionen greifbarer zu machen, werden im Anschluss je vier Szenarien für die Zusammenschaltung bei VoIP und Videostreaming entwickelt. Die Studie betrachtet außerdem die Probleme der Sicherstellung von Quality of Service über Netzgrenzen, sowie Probleme der adäquaten und verursachungsgerechten Kostenallokation bei unterschiedlichen Verfahren zur Gewährleistung von Quality of Service.
Im Ergebnis wird deutlich, dass das IMS-basierte NGN das Potenzial enthält, die zukünftige Dienstbereitstellung sowohl offener und wettbewerblicher als auch geschlossener und weniger wettbewerblich zu gestalten. In welche Richtung sich die tatsächlichenBeziehungen der Marktakteure entwickeln werden, muss im Zuge konkreterer Implementierungen beobachtet werden. Dabei muss die Regulierung ihr Augenmerk auf die identifizierten Bottlenecks und Schnittstellen richten, um notfalls gegenzusteuern.
Allerdings hängt die Relevanz der Problempotenziale in entscheidendem Maße davon ab, wie dominant das IMS-basierte NGN Konzept überhaupt in Zukunft wird und in welchem Maße Netzbetreiber sich als vertikal integrierte Anbieter begreifen. Das IMSbasierte NGN muss sich außerdem am Markt erst einmal durch vom Nutzer wahrgenommene höhere Qualität und unter Ausnutzung einer dadurch generierten erhöhten Zahlungsbereitschaft gegenüber einem rein Internetbasierten Modell oder einer Variante ohne Qualitätsdifferenzierung durchsetzen. In diesem Kontext gilt es auch besonders, den Zugang von Endkunden zu diskriminierungsfreiem Best Effort IP-Verkehr sicherzustellen, um das Innovationspotenzial der freien Anbieterwahl im Internetmodell nicht zu gefährden.
Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.