Abgrenzung von Eisenbahnverkehrsmärkten – Ökonomische Grundlagen und Umsetzung in die Regulierungspraxis (Nr. 348) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Abgrenzung von Eisenbahnverkehrsmärkten – Ökonomische Grundlagen und Umsetzung in die Regulierungspraxis (Nr. 348)

Zusammenfassung

Zur Gewährleistung kostendeckender Trassenpreise haben Schienenwegebetreiber die Möglichkeit, Aufschläge auf die „unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten" zu erheben. Diese Aufschläge können sowohl nach den Verkehrsleistungen Eisenbahnpersonenfern-, -personennah- und -güterverkehr als auch nach Marktsegmenten differenziert werden. Da sich die Bundesnetzagentur derzeit intensiv mit der Bestimmung von Marktsegmenten im Eisenbahnsektor befasst, verfolgt der Diskussionsbeitrag das Ziel, Schlussfolgerungen zur Marktabgrenzung und zur Beurteilung der Angemessenheit von an Nachfragermerkmalen orientierten Kostenaufschlägen abzuleiten.

Vor allem unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der verkehrsökonomischen Forschung sollten die drei o.a. Verkehrsleistungen und damit die Kriterien Transportobjekt und -entfernung als Grundlage für die sachliche Marktabgrenzung auf der obersten Ebene dienen. Die weitere Unterteilung in Eisenbahnmärkte bzw. -marktsegmente ist insbesondere nach Kundengruppen und ihren jeweiligen Verkehrsaffinitäten bzw. den Systemeigenschaften des Verkehrsangebots, den Transportgütern und -mengen, der Transportform und der Zuggattung, der Regelmäßigkeit des Verkehrs sowie gemäß der Unterteilung in nationalen, grenzüberschreitenden und Durchgangsverkehr vorzunehmen. Die räumliche Abgrenzung erfolgt überwiegend nach Relationen, aber auch nach Regionen oder Staaten. Im Personenverkehr ist zudem eine zeitliche Abgrenzung in Haupt- und Nebenverkehrszeiten möglich.

Die Trassenpreissysteme deutscher Schienenwegebetreiber differenzieren zumeist nach Verkehrsleistungen, Strecken bzw. Streckenkategorien sowie nach speziellen Zug- und Wagenmerkmalen (Achslast, Lademaß- und Gewichtsüberschreitung, Geschwindigkeit). Eine Kategorisierung der Preise nach der Transportform, der Zuggattung, der Wagenart, anderen Wageneigenschaften und der Art des Ladegutes erfolgt ebenso selten wie eine Segmentierung gemäß wichtigen Nachfragermerkmalen und -affinitäten. Eine zeitliche Preisdifferenzierung findet nicht statt.

Nach Verkehrsleistungen und Marktsegmenten differenzierte Kostenaufschläge können mit Hilfe von Mengen- und Wertschlüsseln vorgenommen werden. Vorzugsweise sollten sie jedoch gemäß der Ramsey-Boiteux-Regel in reziprokem Verhältnis zur direkten Preiselastizität der Eisenbahninfrastrukturnachfrage gesetzt werden. Da hierzu Daten und empirische Studien fehlen, sind hilfsweise die Preiselastizitäten der Eisenbahnverkehrsnachfrage heranzuziehen. Diese betragen im Eisenbahnpersonennahverkehr durchschnittlich etwa -0,5 sowie im Eisenbahnpersonenfern- und -güterverkehr im Mittel ca. -0,9. Die Kostenaufschläge bei Trassenentgelten für den SPNV müssten also in etwa doppelt so hoch sein wie bei den anderen Verkehrsleistungen. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Eisenbahninfrastruktursektor steht aber unter erheblichen Vorbehalten, wie der großen Spannbreite der Elastizitätenschätzungen sowie der fehlenden Informationen über die Anteile der Trassenpreise an den Gesamtkosten der Erstellung verschiedener Verkehrsdienste und über die Auswirkungen der Subventionsgewährung auf die Preiselastizität der SPNV-Nachfrage.

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.

Autoren

  • Gernot Müller