Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen im Zusammenhang mit der Energiewende um einen erforderlichen Netzausbau wird im Rahmen dieser Studie der Frage nachgegangen, wo die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den beiden Anreizregulierungsansätzen Revenue Cap und Yardstick Competition hinsichtlich der jeweiligen Investitions- und Innovationsanreize liegen. Der wesentliche konzeptionelle Unterschied zwischen beiden Ansätzen liegt in der Exogenität der Kostenbasis, d.h. inwiefern die zugrunde gelegten Kosten zur Ermittlung der erlaubten Erlöse durch den Netzbetreiber beeinflusst werden können. Während beim Revenue Cap die unternehmensindividuellen Kosten die Ausgangsbasis bilden und mithin weitgehend endogen sind, wird beim Yardsticking auf die durchschnittlichen Kosten anderer, vergleichbarer Unternehmen abgestellt. Die Kostenbasis ist daher größtenteils exogen.
Aus theoretischer Sicht weist die Yardstick Competition tendenziell Vorteile hinsichtlich der Setzung adäquater Investitionsanreize gegenüber dem Revenue Cap auf. Neben der Vermeidung des so genannten Ratchet Effektes werden im Extremfall einer vollständig exogenen Kostenbasis sämtliche Informationsrenten beim Netzbetreiber belassen, wodurch ein hoher Investitionsanreiz gewährleistet wird. Ferner werden die Anreize nicht durch eine asymmetrische Behandlung von Chancen und Risiken verzerrt, was beim Revenue Cap nicht sichergestellt ist. Der Nachteil beim Yardsticking hinsichtlich stabiler Rahmenbedingungen kann über einen höheren Kalkulationszinssatz ausgeglichen werden, der den höheren Erlösunsicherheiten Rechnung trägt. Letzteres ist Ausdruck dafür, dass Yardsticking im Endeffekt näher an wettbewerbsähnliche Verhältnisse heranreicht als das Revenue Cap.
Auch die zwei betrachteten internationalen Beispiele von den Niederlanden und Norwegen, die jeweils in 2007 für Stromverteilnetze von einer Cap hin zu einer Yardstick Regulierung gewechselt sind, deuten darauf hin, dass Yardsticking tendenziell höhere Investitionsanreize bietet als ein Revenue Cap. In beiden Ländern sind die Investitionen mit Einführung der Yardstick Competition deutlich angestiegen.
Abschließend werden grundsätzliche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des bestehenden deutschen Systems der Erlösobergrenzenregulierung in Richtung eines Yardsticking diskutiert. Aufgrund der hohen Anzahl der Netzbetreiber in Deutschland bietet sich insbesondere ein DEA-basiertes Yardstickingkonzept von Agrell et al. (2005) an. Mit dem Benchmarking zur Ermittlung der individuellen X-Faktoren unter dem Revenue Cap ist das Kernelement eines solchen Yardstickings bereits implementiert. Vor dem Hintergrund der durch die Energiewende bedingten Investitionserfordernisse können die Investitionsmaßnahmen nach § 23 Abs. 6 ARegV und das Qualitätselement nach §§ 18-20 ARegV sinnvolle Ergänzungen darstellen. Der Erweiterungsfaktor nach § 10 ARegV würde durch das jährliche Update seine Berechtigung verlieren. Auch die Fortführung des vereinfachten Verfahrens nach § 24 ARegV ist kritisch zu beurteilen.
Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.