Zusammenfassung
Sowohl die Abdeckung als auch die technische Leistungsfähigkeit des LTE-Netzes in Deutschland nehmen stetig zu. Etwa 86,5% der Bevölkerung können mit entsprechenden und inzwischen erschwinglichen Endgeräten im LTE-Netz Daten mit bis zu 150 Mbit/s übertragen. Mit hohen Übertragungsgeschwindigkeiten, guter Abdeckung und erschwinglichen Preisen für Endgeräte wäre zu erwarten, dass sich die Zahl der Haushalte erhöht, die keinen festnetzgebundenen Internetanschluss mehr nachfragen.
Die Recherche und Experteninterviews für diesen Diskussionsbeitrag belegen, dass es einen solchen Trend in Deutschland nicht gibt. LTE wird von der ganz überwiegenden Mehrheit der Verbraucher klar als komplementäres Angebot zu ihrem festnetzbasierten Internetanschluss (mobil) genutzt und nicht als Substitut. Dies hängt in erster Linie mit den tatsächlichen technischen Eigenschaften des LTE-Netzes und den Vertragsbedingungen zusammen. Bei letzteren fallen insbesondere die vergleichsweise geringen Datenmengen ins Gewicht, die in den monatlichen Kosten enthalten sind.
Insofern überrascht es nicht, dass sich der Take-up von LTE-Anschlüssen bisher kaum auf den Markt für Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) in Deutschland ausgewirkt hat. So ist die Zahl der vermieteten TAL in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren zwar um 400.000 zurückgegangen. Die Gründe hierfür sind aber vielmehr die deutlichen Marktanteilsverluste der TNBs im Breitbandmarkt und die Vermarktung von selbstverlegten FTTB/H Anschlüssen durch die Wettbewerber.
Auf Basis von LTE-Advanced werden heute von der Deutschen Telekom Übertragungs-raten von 150 Mbit/s im Download angeboten. Dieser Wert ist aufgrund des „Shared Medium"-Charakters der LTE-Technologie nur theoretischer Natur. Aktuelle Netztests belegen, dass die in der Praxis erreichbaren Werte deutlich unter diesem theoretischen Wert liegen. Je nach Netzbetreiber werden zwischen 15 und 40 Mbit/s im Download erreicht.
Für die teilweise starken Unterschiede bei den verfügbaren Bandbreiten sind unterschiedliche Faktoren verantwortlich. Zunächst entscheidet im Shared Medium-Prinzip die Anzahl der Nutzer in einer Funkzelle über die maximal pro Nutzer verfügbare Bandbreite. Beschränkt wird die Leistungsfähigkeit zudem durch die Backhaul-Anbindung des LTE-Masts. Heute bietet einzig die Deutsche Telekom einen fast ausschließlich mit Glasfaser ausgebauten Backhaul. Die anderen beiden Mobilfunknetzbetreiber realisieren die Anbindung ihrer Basisstationen fast ausschließlich über weniger leistungsfähige Richtfunklösungen. Telefónica und auch Vodafone haben jedoch die Zielsetzung, zukünftig verstärkt Richtfunkanbindungen durch glasfaserbasierte Lösungen zu ersetzen. So ist zu erwarten, dass sich die Qualität der Anbindung und damit die Quality of Experience (QoE) für den Verbraucher in Zukunft positiv entwickeln wird.
Beim Vergleich von festnetzbasierten Breitbandanschlüssen und stationären bzw. mobilen LTE-Anschlüssen zeigt sich, dass diese mit Blick auf den Preis und die angebotenen Übertragungsraten durchaus mit den gängigen ADSL-Angeboten konkurrieren können. Sie beinhalten in der Regel jedoch deutlich geringere Übertragungsvolumen als festnetzbasierte Anschlüsse und die Aufstockung dieser Übertragungsvolumen ist sehr kostenintensiv. Von daher sind LTE-Anschlüsse nur für eine kleine Gruppe von Internet-Nutzern als Substitut zu nutzen.
Sie stellen in der Regel vielmehr ein komplementäres (mobiles) Produkt zum festnetzbasierten Breitbandanschluss dar. Dies zeigt sich auch deutlich in der Nachfrage nach stationären LTE-Anschlüssen. Im Jahr 2012, als die Vermarktung von LTE startete, haben sich über 400.000 Nutzer für einen „LTE zu Hause"-Anschluss entschieden. Dies waren vornehmlich Haushalte aus Regionen, in denen bis dahin kein oder nur ein Breitbandanschluss mit einer sehr geringen Bandbreite zur Verfügung gestanden hat. In den folgenden zwei Jahren sind die Zuwächse bei den stationären LTE-Anschlüssen deutlich zurückgegangen. Mit Telefónica hat der erste Anbieter auf diese Entwicklung reagiert und die Vermarktung von „LTE zu Hause" Mitte 2014 eingestellt.
Dagegen ist zu erwarten, dass mit steigender Abdeckung und Netzqualität bei gleichzeitig fallenden Preisen für Anschlüsse und Endgeräte die mobile Internet-Nutzung in Deutschland weiter zunehmen wird.
Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.