Zusammenfassung
Preis-Kosten-Scheren-Tests (PKS-Tests) oder wirtschaftliche Nachbildbarkeitstests (Economic Replicability Tests (ERT)) überprüfen, ob ein alternativer Anbieter die Endkundenprodukte des Unternehmens mit Beträchtlicher Marktmacht (Significant Market Power (SMP)), der die Vorleistungsprodukte des SMP-Unternehmens nutzt, ökonomisch nachbilden kann. Sofern der Test nicht erfüllt ist, können nationale Regulierungsbehörden (NRBs) das SMP-Unternehmen verpflichten, entweder seine Vorleistungspreise zu senken oder die Endkundenpreise zu erhöhen oder beides in Kombination zu tun.
Der PKS-Test bildet ein Geschäftsmodell für einen alternativen Anbieter ab. Folglich müssen bestimmte Prinzipen beachtet und Parameterentscheidungen gefällt werden. Der vorliegende Diskussionsbeitrag beschreibt, welche Prinzipien- und Parameterentscheidungen nationale europäische Regulierungsbehörden in Bezug auf den PKS-Test, welche für Next Generation Access (NGA) Dienste, wie Bitstrom und Virtual Unbundled Local Access (VULA), durchgeführt werden, getroffen haben.
Der gängigste Ansatz des PKS-Test ist die Durchführung des Tests vor der Markteinführung individueller Endkundenprodukte. Die meisten der europäischen nationalen Regulierungsbehörden kombinieren diese vor der Markteinführung durchgeführten Tests mit einem jährlichen Portfolio-Test für Endkundenprodukte. Der Grund für den kombinierten Ansatz ist unterschiedlich: zum einen um sicherzustellen, dass alle Gemeinkosten berücksichtigt werden (Dänemark), um prognostizierte Daten zu überprüfen (Österreich) oder um den Einfluss von Aktionstarifen zu überprüfen (Spanien). Allerdings wenden, in Bezug auf NGA, die Niederlande, Spanien und in einigen Fällten Irland einen individuellen Produkttest durch. In Großbritannien wird lediglich ein Portfoliotest für VULA durchgeführt.
Neben den Vorleistungskosten umfasst der PKS-Test auch nachgelagerte Kosten wie Gemeinkosten, Netzwerkkosten und Vertriebs- und Marketingkosten. Die Bestimmung dieser Kosten kann mit Blick auf das SMP-Unternehmen (Prinzip des „Equally Efficient Operator" (EEO)) oder auf den alternativen Anbieter (Prinzip des „Reasonably Efficient Operator" (REO)) erfolgen. Mit Blick auf NGA wird gemeinhin das EEO-Prinzip gewählt. Allerdings sind Anpassungen aufgrund von Skaleneffekten erlaubt, um zu berücksichtigen, dass der alternative Betreiber geringere Skaleneffekte hat (Österreich, Irland, Vereinigtes Königreich).
Der ERT fokussiert sich auf die relevantesten NGA-Produkte. Auf der Endkundenebene werden diese als „Flagship"-Produkte bezeichnet. Auf der Vorleistungsebene sind NGA-Bitstrom und VDSL-VULA die bedeutendsten NGA-Vorleistungsprodukte. Bei der Bestimmung der Kosten werden das Volumen und die langfristigen Rabatte berücksichtigt.
Der unterstelle Zeitrahmen ist gemeinhin die durchschnittliche Vertragsdauer mit Blick auf die Endkundendienste. Diese variiert zwischen 12 Monaten (Österreich) bis zu 55 Monaten (Deutschland). Der Test wird meist auf einer Mehrperiodenbasis angewandt. Weiterhin ist die Anwendung der Steady-State-Methode und der Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF) gleich häufig bei den Regulierungsbehörden anzutreffen.
Um den Test in einer transparenten Weise durchzuführen, veröffentlichen die nationalen Regulierungsbehörden die zugrunde gelegten Prinzipien, die Vorgehensweise und in einigen Fällen das angewendete Softwaretool und was geschieht, wenn eine Preis-Kosten-Schere festgestellt wurde.
Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.