Zusammenfassung
Der bis zum 21. Dezember 2020 in nationales Recht umzusetzende europäische Kodex für die elektronische Kommunikation (EKEK) enthält, wie bereits die alte Rahmenrichtlinie mit Art. 12, Zugangsansprüche gegenüber Anbietern, die über keine beträchtliche Marktmacht verfügen. Die neue Regelung knüpft eine Zugangsverpflichtung explizit daran, dass eine Replizierung von Netzbestandteilen wirtschaftlich ineffizient oder praktisch unmöglich wäre.
Mit Hilfe des vom WIK entwickelten NGA-Modells lassen sich Anhaltspunkte dafür gewinnen, ob und in welchem Maß im Rahmen der Anwendung des Art. 61 Abs. 3 EKEK an verschiedenen Zugangspunkten eine Replizierbarkeit des Netzes möglich ist. Dabei spielt insbesondere die Besiedlungsdichte bzw. Teilnehmerdichte für die Replizierbarkeit von Netzinfrastrukturen eine wesentliche Rolle. Im NGA-Modell ist die Teilnehmerdichte durch die Betrachtung von zwanzig Clustern abgebildet. Im Modell werden dann Kosten eines FTTH-P2P-Netzes und erwartete Erlöse gegenübergestellt. Um der Frage der Replizierbarkeit nachzugehen, werden in dieser Studie Szenarien für 3 mögliche Zugangspunkte definiert: 1) Zugang zu gebäudeinterner Infrastruktur; 2) Zugang zum Kabelverzweiger (KVz); 3) Zugang zum Metropolitan Point of Presence (MPoP).
Die Analysen zeigen, dass es für Wettbewerber nicht profitabel ist, neben einem bereits vorhandenen FTTH-Netz ein weiteres, zusätzliches Glasfasernetz bis zum Zugangspunkt im oder am Gebäude auszubauen. Dies liegt daran, dass der für einen profitablen Ausbau notwendige Marktanteil in der Regel nicht erreicht werden kann. Hier ist unter anderem zu beachten, dass ca. 2/3 der Haushalte über einen Breitbandkabelanschluss verfügen, was bei der Abschätzung des adressierbaren Marktes für einen FTTH-Ausbau mit beachtet werden muss. Ein paralleler Ausbau von zwei Glasfasernetzen bis zum Endkunden ist in allen Clustern unprofitabel. Dagegen kann ein paralleler Ausbau bis zum KVz mit der Nutzung eines Vorproduktes ab dem KVz in bestimmten Fällen (bspw. in Clustern mit hoher Teilnehmerdichte) für Wettbewerber profitabel sein, solange der Marktanteil des bereits existierenden Infrastrukturanbieters nicht zu hoch ist. Die dritte hier betrachtete Alternative, nämlich ein Zugang am MPoP, ist gegenüber einem Zugang am KVz in der Regel profitabler für Wettbewerber, insbesondere weil die Investitionskosten für einen Wettbewerber gegenüber einem Ausbau bis zum KVz im Durchschnitt um rund 50 % geringer sind und mehr Teilnehmer erreicht werden können. Nichtsdestotrotz wird auch bei einem Zugang am MPoP eine Einzelfallbetrachtung notwendig sein Die Modellberechnungen geben insoweit Anhaltspunkte über die Reichweite des künftigen Infrastrukturwettbewerbs. Bei der Anwendung von Art. 61 Abs. 3 EKEK wird es auf eine Einzelfallprüfung mit der Abwägung unterschiedlicher Regulierungsziele ankommen.
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