Kosten von Breitband-Zugangsnetzen (Nr. 473) © Photo Credit: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Kosten von Breitband-Zugangsnetzen (Nr. 473)

Im Vergleich zu anderen Ländern verläuft der Glasfaserausbau in Deutschland nur schleppend. Unter Rückgriff auf bottom-up Modellierung und statistische Verfahren wird die Profitabilität des FTTH mit Fokus auf regionale Unterschiede analysiert.

Zusammenfassung

Diesem Diskussionsbeitrag liegt ein Forschungsprojekt zu Grunde, das die Kosten von glasfaserbasierten Anschlussnetzen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Der Fokus liegt dabei darauf, verschiedene methodische Konzepte hinsichtlich ihrer Eignung für eine Abschätzung von Kosten und Förderbedarfen zu analysieren. Dazu wurde in einem ersten Schritt eine flächendeckende, GIS-basierte bottom-up Kostenmodellierung für die NGA-Technologien FTTH P2P, FTTS und FTTC unter Rückgriff auf öffentliche, allgemein verfügbare Daten durchgeführt, die die Grundlage für die weiteren Analysen bildet. Die durchgeführten Investitions- und Kostenberechnungen wurden in der Folge für drei Fragestellungen analysiert und ausgewertet:

Im ersten Analyseteil wurde unter Rückgriff auf das Analytische Kostenmodell für das Anschlussnetz 3.0 sowie das WIK-NGA-Modell die Profitabilität eines Glasfaserausbaus bzw. des benötigten Förderbedarfs anschlussbereichsgenau unter Berücksichtigung des bestehenden Ausbaustands ermittelt. Die Ergebnisse wurden für 20 Cluster abgeleitet und zeigen für Deutschland im Greenfield-Ansatz eine Spreizung der Kosten pro Anschluss zwischen den billigsten und den teuersten Clustern in Höhe von 3,2. Ein privatwirtschaftlicher Ausbau von FTTH P2P kann für 65% der Haushalte erwartet werden, unter der Annahme, dass die durchschnittlichen Erlöse nicht wettbewerblich bestritten werden. Dabei wurde ein Marktanteil in Höhe von 90% mit der Absicht unterstellt, die die maximale Reichweite eines profitablen privatwirtschaftlichen Netzausbaus abzuschätzen.

Für den Brownfield-Ansatz wurde die Versorgungslage dem Breitbandatlas mit Datenstand 04/2018 entnommen und mit den Daten der Anschlussbereiche verschnitten. Erwartungsgemäß besteht für FTTH eine Versorgungslücke von über 90% der Haushalte. CATV und FTTC decken bereits gut 65% der Haushalte ab. Überraschend war das Ergebnis der visualisierten Aufbereitung des Ausbaustands, wonach die aktuelle Breitbandverfügbarkeit für alle Technologien in den Regionen vorzufinden ist, die unseren Berechnungen zu Folge tendenziell geringe Investitionen pro Anschluss aufweisen. Im Vergleich zu FTTH sind sowohl CATV als auch FTTC aufgrund ihres höheren Ausbaustands erwartungsgemäß stärker in der Fläche verbreitet. Eine alternative Brownfield-Analyse zielte darauf ab, die Einsparpotentiale abzuschätzen, die sich bei einem FTTH P2P Ausbau aufgrund des bereits realisierten Ausbauzustands für FTTC bzw. CATV realisieren lassen. Ausgehend von FTTC konnten hier maximal 20%, für CATV (approximiert durch FTTS) maximal 30% unter der Annahme ableiten lassen, dass die bereits getätigte Auslegung der Hauptkabeltrassen bereits den Anforderungen einer FTTP P2P Architektur genügt und dort lediglich die Kabelinvestitionen noch zu tätigen sind.

Die im Zuge der Vollerhebung bottom-up ermittelten Investitionsbedarfe für ein flächendeckendes Glasfaseranschlussnetz wurden im zweiten Teil für eine statistische Regressionsanalyse herangezogen, um Bestimmungsfaktoren für die Kosten von Anschlussnetzen zu identifizieren. Es konnte gezeigt werden, dass die Proxy-Variable „Anzahl Haushalte bezogen auf die besiedelte Fläche des Anschlussbereichs bessere Schätzergebnisse liefert als die Anzahl der Haushalte bezogen auf die gesamte Fläche eines Anschlussbereichs. Das angestrebte Ziel einer erwartungstreuen Kostenschätzung konnte lediglich mit einer Regressionsanalyse unter Rückgriff auf die vollständige Datenbasis der bottom-up Modellierung erreicht werden. Die angestrebte Überführung in ein Proxy-Modell unter Rückgriff auf allgemein verfügbare Daten ist noch nicht zufriedenstellend gelungen. Zwar erklären die aufgestellten Proxy-Modelle im Minimum über 90 Prozent der Datenvariationen der Zielvariablen, jedoch besteht keines der aufgestellten Proxy-Modelle eines der üblichen Testverfahren.

Der dritte Analyseteil dieses Forschungsprojekts befasste sich mit der Clusterbildung und den ihr zugrunde liegenden Kriterien. Der Clusterbildung des WIK-NGA-Modells nach Maßgabe der Anschlussdichte und konstanter Teilnehmerstärke der Cluster wurde mit univariaten und multivariaten Verfahren verglichen. Das Ziel, exogene Variablen für die Clusterbildung zu identifizieren, die eine möglichst homogene und trennscharfe Zuordnung zu den Clustern erlauben, konnte nicht erreicht werden. Hierzu sind weitere Analysen angestrebt, die auf den Erkenntnissen der Regressionsanalyse aufsetzen sollen. Darüber hinaus konnten erste Erkenntnisse mit Anwendung von Nachbarschafts-orientierten Methoden der Clusterbildung gewonnen werden (Hot Spot – Cold Spot Analysis). Aufgrund der Relevanz des Nachbarschaftskonzepts für den regionalen Netzausbau und damit in Verbindung stehende Fragen der Profitabilität und des Förderbedarfs streben wir hierzu weitere Untersuchungen an.

Der Diskussionsbeitrag steht zum Download zur Verfügung.