Christoph Ferdinand
Ökonomische und regulatorische Aspekte der gemeinsamen Schalternutzung: Das Flächendeckungsgebot
Nr. 86 / Mai 1992
Zusammenfassung
Die Poststrukturreform führte zur Aufgliederung der Deutschen Bundespost in drei selbständige Unternehmen und zur Trennung der unternehmerischen und hoheitlich-regulierender Aufgaben. Beide Umwälzungen haben unmittelbare Relevanz für das nun vom Postdienst betriebene Schalternetz: zum einen wird die künftige Gestaltung des Schalternetzes und die Nutzungsvergütung erstmals zum Gegenstand wechselseitiger Vereinbarungen zwischen unabhängigen DBP Unternehmen. Zum anderen ist es Aufgabe des BMPT, einen regulatorischen Rahmen aufzuspannen, der unternehmerische Freiheit und Erfüllung politischer Ziele wirkungsvoll miteinander vereint. Die Auseinandersetzung mit ökonomischen und regulatorischen Aspekten der gemeinsamen Schalternutzung findet ihren Niederschlag in drei getrennten Ausarbeitungen: neben der im folgenden dargestellten Abhandlung zu regulatorischen Rahmenbedingungen findet sich eine Erörterung zur Preisbildung und eine weitere zu den rechtlichen Rahmenbedingungen im Schalterbereich.
Aus dem Infrastrukturauftrag des PostVerfG läßt sich das Flächendeckungsgebot herleiten. Dies ist zunächst sinnvollerweise so zu interpretieren, daß eine flächendeckende Versorgung mit postalischen Dienstleistungen gewährt sein soll. Ausgangsvermutung ist, daß der Markt eine ausreichende Versorgung sicherstellt. Marktversagen kann jedoch ein Eingreifen des Regulierers in das marktliche Versorgungsniveau rechtfertigen: Die Möglichkeit eines Marktversagens läßt sich am ehesten noch für den durch Monopol geschützten Briefdienst erwarten. Die Versorgung sozial Benachteiligter und raumordnungspolitische Ziele könnten ebenfalls ein regulatorisches Eingreifen rechtfertigen. Gestattet der Regulierer dem Netzbetreiber jedoch die Einführung von Agenturen, so ist zu vermuten, daß es zu einem flächendeckenden Schalternetz und damit auch zu einem flächendeckenden Angebot an postalischen Dienstleistungen kommt, das auch die regulatorischen Anforderungen erfüllt. Hierfür sprechen nicht zuletzt die im Ausland mit dieser Betriebsform gemachten Erfahrungen. Der Regulierer könnte in diesem Falle auf spezifische Auflagen zur Sicherstellung des Flächendeckungsgebotes verzichten. Die alternative Strategie einer Ausweitung des Dienstleistungsspektrums zur stärkeren Rentabilisierung eines flächendeckenden Netzes aus posteigenen Schaltern erscheint hingegen weniger erfolgversprechend.